Was geht und wo klemmt’s im Süden?
Um dieser Frage nachzugehen, luden die Stadtisten zum Stadtteilspaziergang. Die beiden Bezirksbeiräte Jens Hermann und Ralf Blankenfeld wiesen vor Ort auf die wichtigsten Entwicklungen und Problemzonen des Bezirks hin. Dabei wurden Sie von sachkundigen Bürger:innen unterstützt, die von Projekten im Süden berichteten, für die sie sich engagieren.
Zum Auftakt trafen wir an der Paulinenbrücke Pastoralreferent Andréas Hofstetter-Straka, der das soziale Leben am Rupert-Mayer-Platz aus erster Hand kennt, weil sein Projekt „Maria als …“ sich dort engagiert. Die Stadtlücken hatten einst gefragt, wo er denn eigentlich sei, dieser Österreichische Platz, und viele Entwicklungen angeschoben. Zunächst durch die Pandemie, dann durch den Beschluss, unter der Brücke vorübergehend eine Feuerwache einzurichten, wurden diese Entwicklungen ausgebremst. Erst wenn die Feuerwehr in ihre renovierte Wache zurückkehrt, kann der Platz weiterentwickelt werden. Die Gebäude können teilweise dafür verwendet werden. Ganz im Sinne der Stadtisten ist Hofstetter-Strakas Engagement für die Szene, die sich schon seit Jahrzehnten am Platz aufhält. Auch sie gehören zu unserem Kiez. Ihre Anliegen und Bedürfnisse müssen bei der Gestaltung des Platzes berücksichtigt werden.
Über die Tübinger Straße, die sich als Fahrradstraße und Flaniermeile prächtig entwickelt hat, erreichten wir das „Wohnzimmer“ des Südens, den Marienplatz. Anhand von historischen Fotos konnten wir zeigen, dass die Offenheit des Platzes ein Gewinn ist und seine jetzige Beliebtheit erst ermöglichte. Daraus erwachsen aber auch seine Probleme: es fehlt an Sitzgelegenheiten und Beschattung, die einen Aufenthalt im Sommer ermöglichen und auf die klimatischen Anforderungen einer wärmer werdenden Stadt reagiert. Die Stadtisten haben hierzu viele Vorschläge eingereicht, sind aber meist am Veto des Architekten Lermann gescheitert. Für eine Gesamtkonzeption der komplexen Verkehrssituation rund um den Platz haben wir Planungsmittel beantragt.
Weiter ging es entlang der Böblinger Straße, die sich als Lebensader durch den gesamten Bezirk zieht. Die frühere Post und das nebenan geplante Suchtzentrum mit Wohnungen für ältere Menschen waren die nächste Station. Eine gelungene Bürger:innenbeteiligung hatte Akzeptanz für die Pläne hergestellt. Jetzt geht es – wie an vielen Stellen – nicht recht weiter. Auch das frühere Postgebäude, für das einige sinnvolle Bedarfe angemeldet wurden, steht aus Spekulationsgründen leer und verkommt zum Müllabladeplatz.
Ein Stück weiter empfingen uns am Stadtistischen Landesamt Anette und Britta von der Initiative Soziale Nachbarschaft Schoettle-Areal. Das Ende des Jahres frei werdende Amt soll einer gemeinnützigen und sozialen Nutzung zugeführt werden. Bis zum Umbau soll eine Pioniernützung erste Ideen umsetzen, auf die später aufgebaut werden kann. Die Stadtisten haben auch hierfür Mittel im neuen Doppelhaushalt beantragt. In fernerer Zukunft könnte im Verbund mit den Ende der 30er-Jahre frei werdenden Unigebäuden eine lebendige soziale Mitte entstehen, die die bereits bestehenden Einrichtungen – Generationenhaus, Mütterzentrum, Altes Feuerwehrhaus, Jugendhaus und Stadtteilbibliothek – ergänzen.
Nach einem Schlenker ins „Hungergässle“, das die proletarische Geschichte des Stadtteils spiegelt, und einem Zwischenstopp an einem weiteren „Mahnmal des Stillstandes“, der brachliegenden Aldi-Baustelle am Hofbräu-Gelände, erreichten wir den im Volksmund „Ochsenplatz“ genannten Bihlplatz. Hier konnte exemplarisch gezeigt werden, wie die geplante Verlängerung der Haltestellen auch gestalterisches Potenzial birgt. So soll eine breite Treppe zum Bahnsteig als Sitzgelegenheit am Platz Aufenthaltsqualität schaffen.
Im nahegelegenen Theater am Faden endete unser Spaziergang. Franzi Rettenbacher, die das Theater mit ihrer Mutter betreibt, führte uns durch die verspielte Zauberwelt ihres Puppenreiches in einem der ältesten Häuser Heslachs. Für alle, die das Gebäude, das innen doppelt so groß erscheint wie außen, noch nie gesehen haben, ein schöner Abschluss. Da das Ritterstüble, das von einem Verein getragen wird, als passender Abschluss unserer Runde ausfiel, ließen wir den Sonntag bei afrikanischem Essen im Patacon Obi ausklingen.
Der Spaziergang war interessant und hat Spaß gemacht. Schön war es auch Menschen kennenzulernen, die bisher noch nicht bei Veranstaltungen der Stadtisten waren. Wir freuen uns auf die noch ausstehenden Stadtteilspaziergänge in anderen Bezirken.
Ralf Blankenfeld